· 

Filmfestivals erinnern Ampel-Regierung an den Koalitionsvertrag

Trotz ihres großen Erfolgs sind auch die INDEPENDENT DAYS|Internationale Filmfestspiele Karlsruhe chronisch unterfinanziert.
Trotz ihres großen Erfolgs sind auch die INDEPENDENT DAYS|Internationale Filmfestspiele Karlsruhe chronisch unterfinanziert. Foto: Jürgen Rösner

„Kinos und Festivals fördern wir verlässlich und bewahren unser nationales Filmerbe.“ So steht es im Koalitionsvertrag der Bundesregierung. Die AG Filmfestival als Vertretung von über 120 deutschen Filmfestivals unterschiedlichster Größen, von den Metropolen bis in die ländlichen Räume, mahnt nun die Einlösung dieser Verpflichtung in einem Schreiben an die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), Staatsministerin Claudia Roth, an. In einem weiteren Schreiben an die Außenministerin Annalena Baerbock verweist die AG Filmfestival nicht nur auf das Versprechens im Koalitionsvertrag, sondern zeigt sich vor allem über die komplette Streichung eines Fördertopfes irritiert, mit dem bisher der gezielte internationale interkulturelle Austausch ermöglicht wurde.

 

Das aktuelle Filmstatistische Jahrbuch der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) stellt fest, dass der Filmfestivalsektor heute maßgeblich zur filmkulturellen Vielfalt in städtischen und auch zu einer Kino-Grundversorgung in ländlichen Räumen beiträgt und ergänzt: „Der seitens der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle für die EU ausgewiesene sinkende Marktanteil europäischer Koproduktionen bekräftigt den Bedeutungszuwachs des

Filmfestivalsektors als eigenständige Auswertungsform.“

 

Für die AG Filmfestival ist dies eine weitere Bestätigung seiner Positionen, wonach Filmfestivals einen wesentlichen Beitrag zur kulturellen Grundversorgung leisten, den Diskurs fördern und somit den sozialen Zusammenhalt und die Demokratie stärken, und auch für eine gesteigerte Attraktivität des Kinos sorgen. In Karlsruhe sind dies die INDEPENDENT DAYS|Internationale Filmfestspiele Karlsruhe, das dokka – Dokumentarfestival, das Stummfilmfestival Karlsruhe und die Pride Pictures.

 

Die Filmfestivals tragen nach Meinung ihres Verbundes wesentlich zur Lösung der von Claudia Roth zum Auftakt der diesjährigen Berlinale in ihrem Acht-Punkte-Programm beschriebenen Problematik einer nicht ausreichenden Sichtbarkeit und Reichweite der geförderten deutschen Kinofilme bei.

Filmfestivals auch im Solidarsystem des FFG

Die AG Filmfestival hatte zur Novellierung des Filmförderungsgesetz (FFG) ein Konzept zur Einbindung der Festivals ins Solidarsystem sowohl durch Abgaben als durch Ausschüttungen nach qualitativen Regeln vorgelegt. Der AG Filmfestival ist sowohl wegen diesem klaren Reformziel und als auch der Vorgaben im Koalitionsvertrag unverständlich, dass Filmfestivals in den konkreten Planungen zur Reform der Filmförderung in Deutschland aktuell nicht vorkommen sollen.

Streichung der Förderungen für die Einladung internationaler Filmschaffender.

 

Während sich die Fördermaßnahmen der BKM vor allem auf den deutschen Film beziehen, verweist die AG Filmfestival darüber hinaus auf weitere wichtigen Ziele der Filmkultur: das Angebot freier Räume für die interkulturelle Begegnung von Kulturschaffenden. 2021 erfolgte die Umleitung von Fördermitteln für diese Aufgabe vom Auswärtigen Amt an das Goethe- Institut. Anlässlich der Mitgliederversammlung der AG Filmfestival im Rahmen des Internationalen Filmfestival Mannheim-Heidelberg Ende November, äußerten sich die Filmfestivals mit großer Besorgnis über die nun komplette Streichung dieser Förderung.

 

Damit entzieht das Auswärtige Amt den Filmfestivals nach Auffassung ihres Verbundes die Unterstützung bei einer der wesentlichsten Aufgaben, dem internationalen und interkulturellen Austausch. Die Konsequenzen dieser Entscheidung beschreibt die AG Filmfestival als schwerwiegend: „Es wird künftig spürbar weniger Einladungen für internationale Filmschaffende geben, viele von ihnen werden ihre Werke nicht mehr persönlich in Deutschland präsentieren können. Gerade in dem derzeitigen aufgeheizten politischen Klima, in dem der Austausch zwischen Ländern und Kulturen von entscheidender Bedeutung ist, dürfen wir die Arbeit von Filmfestivals nicht einschränken, sondern müssen sie stärken!“

 

Der Festivalverbund fordert daher in einem Schreiben an die Außenministerin Annalena Baerbock, sich weiterhin deutlich zu den Filmfestivals in Deutschland und deren internationaler Arbeit für Demokratieverständnis und kultureller Bildung mit direkten Fördermaßnahmen zu bekennen und im Schulterschluss mit dem BKM eine umfassende Novellierung der Förderung von Filmfestival zu aktivieren.

Studie und transparente Förderrichtlinien für Filmfestivals

Alle weiteren Aspekte der Novellierung der Festivalförderung sollen sich aus einer bereits im März 2022 durch die BKM zugesagten Studie zur Filmfestivallandschaft ergeben. Die AG Filmfestival fordert erneut die zeitnahe Beauftragung der Studie, die filmkulturelle und filmwirtschaftliche Kompetenzen der Festivals ermitteln soll. Der gerade beschlossene Fördertopf über 5 Millionen Euro für Musikfestivals mit einer vorausgegangenen Studie könnte dabei, so die AG Filmfestival, grundsätzlich als gutes Beispiel dienen.

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0