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Ein Karlsruher Café wird nach Paris verlagert

Es ist der wohl heißeste Tag des Jahres in Karlsruhe an jenem Samstag, 27. Juli 2013. Eigentlich zieht es die Menschen nach draußen, in die Schwimmbäder und zu den Baggerseen und nicht so sehr in ein Café. Und doch versammelt sich gerade hier, in dem stilvoll eingerichteten Traditionshaus Café Brenner, eine kleine Gruppe engagierter Filmemacher rund um das Filmboard Karlsruhe, um gemeinsam die wichtigsten Szenen für einen Kurzfilm zu drehen. SUGAR heißt das Werk, basierend auf einem Gedicht des US-amerikanischen Schriftstellers Steven Pelcman, das die Geschichte eines Paares erzählt, das an einem Frühlingsabend durch das moderne Paris flaniert.

Die beiden betreten ein romantisches Café, in dem die unterschiedlichsten Charaktere aufeinander treffen, darunter auch zahlreiche Künstlertypen. Die junge Frau, Marjanka, gespielt von Nadine Knobloch, beobachtet eine gesetzt wirkende, stilvolle Dame, Mme. Chevalier (Ute von Stockert), wie sie mit behäbigen Bewegungen das goldfarbene Papier zweier Zuckerwürfel entpackt und die Würfel grazil und voller Andacht in den Café fallen lässt. Eine vermeintlich profane Tätigkeit erhält plötzlich eine völlig neue Bedeutung, als Marjanka ihrem Begleiter David zu erzählen beginnt, wie sie selbst an der Universität Zuckerwürfel unterschiedlicher Cafés gesammelt hat, damals, in Sarajevo. Doch dann brach der Krieg aus, ihre Sammelleidenschaft wich dem Grauen vor dieser neuen Situation voller Todesangst und Zerstörungswut der Miliz.

„Das Gedicht basiert auf einer wahren Begebenheit, als eine aus Sarajevo stammende Freundin Steven Pelcman diese Geschichte in Paris erzählte und ihn so inspirierte“, erklärt Regisseur Oliver Langewitz. „Eine Geschichte, die zwischen Romantik und brutalen Kriegserinnerungen oszilliert und dadurch faszinierend und verstörend zugleich wirkt. Und dies war letztlich der Hauptauslöser für mich, diesen Film inszenieren zu wollen“, so Langewitz weiter.

Neben den Café-Szenen entstehen nun noch im August 2013 die Flashback-Szenen, die die Sammelleidenschaft Marjankas zeigen, aber auch die Kriegswehen, in deren Angesicht sich die junge Frau bei einem Bombenangriff in einem Keller versteckt. So entsteht ein Film, der düster zum einen erscheint, aber auch mit einem Hoffnungsschimmer zum anderen versehen ist, denn am Ende bleibt zum Glück nur die Erinnerung an den Schrecken und die Möglichkeit, das neue Leben frei und glücklich zu gestalten.

Wenn ein Löffelchen voll Zucker…

Eine größere Herausforderung stellte die Suche nach der Zuckerwürfel-Sammlung dar, denn in den meisten Cafés werden heute nur noch Zuckerstreuer oder offene Zuckerwürfel ausgegeben. Im Handel werden nur Großpackungen angeboten, doch ist ein wesentliches Detail der Geschichte, dass es sich um unterschiedliche Zuckerwürfel handeln sollte. Nach längerer Recherche stieß Langewitz auf den „Zuckersammler-Klub Deutschlands & Freunde“ und nahm zu dessen 1. Vorsitzenden, Karin Rädel aus Seligenstadt, Kontakt auf.

Und überraschend schnell erhielt Langewitz Antwort mit der Gegenfrage, aus welchem Land und welchem Jahrzehnt die Würfel stammen sollten. Gerade einmal eine Woche später erreichte das Filmboard ein kleines Kästchen mit über 100 unterschiedlichen Zuckerwürfeln aus den letzten 30 Jahren in bestem Zustand. Nun stand der wichtigen Schlüsselszene zumindest vonseiten der Requisite nichts mehr im Wege und der Dreh konnte beginnen.

Die Kamera führte Robert Fuge von Bott-X-Pictures, assistiert wurde ihm hierbei von Marcello Renna. Und auch Steven Pelcman war am Set als ausführender Produzent aktiv, denn neben seiner Autorentätigkeit bringt er vielfältige Erfahrungen aus den USA mit. Dort wirkte er an verschiedenen Filmsets mit und entwickelte TV-Konzepte.

Der Kurzfilm feiert im Rahmen der 1. Karlsruher Literaturtage am Sonntag, 22. September 2013, im Filmtheater „Die Kurbel“ in der Kaiserpassage 6 seine Premiere. Hier wird eine Best of-Auswahl des international wichtigsten Poesie-Filmfestivals, dem Berliner ZEBRA Poetry Film Festival, gezeigt, sodass sich die SUGAR Premiere in bester Gesellschaft befindet.